Donnerstag, 19. März 2009

Ist die Bindung des Lew an den Euro noch sinnvoll?

von Maximilian N. und Hieu Trung N.

Am 13. Februar 2009 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung der Artikel „Lew vor ernster Bewährungsprobe“. In diesem Text wird der Wertverfall der osteuropäischen Währungen aufgezeigt, die Abwertungsraten von 20 bis 50 Prozent erleiden. Als einzige Konstante fungiert der bulgarische Lew, der im Jahr 1997 im Verhältnis von 1:1 per Gesetz an die Deutsche Mark gebunden wurde. Hieraus folgt, dass er auch an den Euro gebunden ist (1,95583 Lew je  1 Euro). Durch diese Kopplung, die als Currency Board bezeichnet wird,  ist die Stabilität des Lew gewährleistet.
Als negative Folge dieser Währungspolitik entsteht ein Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen, in diesem Fall insbesondere benachbarten, Staaten. In diesen Nachbarländern hat die Abwertung der eigenen Währung eine Abschwächung des sowieso vorhandenen Exportrückgangs (durch die Finanzkrise bedingt) zur Folge. Der Grund hierfür ist die Attraktivitätssteigerung der Exportprodukte für ausländische Kunden, die von der Abwertung, durch niedrigere Importpreise, profitieren. Die Konstanz des Lew-Wechselkurses hat hingegen eine relative Preiserhöhung bulgarischer Produkte im Vergleich zu anderen osteuropäischen Exporten zur Folge.  Dementsprechend sind Exporte aus Bulgarien weit unattraktiver als vergleichbare Produkte aus anderen osteuropäischen Ländern. Genau dieser Effekt war auch in der deutschen Exportwirtschaft zu beobachten, als der Dollar in Relation zum Euro abgewertet wurde und beispielsweise die Verkaufszahlen deutscher Autohersteller in den USA rapide sanken. Das Resultat ist jedenfalls eine sich verschlechternde Leistungsbilanz. In Bulgarien entstand sogar ein Leistungsbilanzdefizit. Das bedeutet, dass die in einer Volkswirtschaft verbrauchten Werte größer als das BIP sind. Die Absorption ist also größer als die Produktion. Vor der Finanzkrise konnte das Leistungsbilanzdefizit (2008: 24,3% des BIP=>Rekordwert in der EU) noch durch beispielsweise Direktinvestitionen aufgefangen werden(2007: 103%-ige Deckung der des Leistungsbilanzdefizits), aktuell ist die Deckung des Defizits aber nicht mehr vollständig möglich (2008: 65,6%-ige Deckung der des Leistungsbilanzdefizits). 2009 wird ein weiteres Absinken vorausgesagt. Die Tendenz ist folglich sinkend.
Der Professor Nouriel Roubin prophezeit im Falle der Beibehaltung fixer Wechselkurse bei aus dem Gleichgewicht gebrachten Fundamentalwerten, gar eine Währungskrise. Deren Folge dann eine Banken- und Immobilienkrise wäre. Im Endeffekt würden dann Probleme mit den Staatsanleihen auftreten.  Zusätzlich würde eine Unternehmenskrise entstehen, da in Folge des Leistungsbilanzdefizites eine hohe Auslandsverschuldung herrscht.
Dem gegenüber propagieren Politik, Zentralbank und Internationaler Währungsfonds die Erhaltung des Currency Board. Deren Ansicht, dass eine stabile Währung gerade in Zeiten der Finanzkrise das Vertrauen in Währungsregime und Finanzsystem stärke, spräche für die Beibehaltung. Möglich ist die Einhaltung des Currency Board aktuell aber nur, weil die Devisenreserven der Notenbank die Verbindlichkeiten in Lew übersteigen. Als Ausweg wird der Beitritt zum Euro gesehen, der aber auch unter positiven Umständen nicht vor 2012 erwartet wird. Also muss die Stabilität anderweitig gewährleistet werden. Alternativ bieten sich laut des Cominvest-Bänkers Oliver Stönner beispielsweise Strukturreformen an, die ausländische Investoren anziehen könnten. Eine Abwertung zum jetzigen Zeitpunkt wäre jedenfalls nicht empfehlenswert, da die Vorteile im Export von viel größeren Nachteilen überragt werden würden. Beispielsweise ist die Auslandsverschuldung des Staates, der Unternehmer und der Privathaushalte so groß, dass eine Abwertung die Begleichung der Schulden extrem erschweren würde.
Wenn man nun aber doch von einer Abwertung des Lew ausginge wären die Möglichkeiten der Kapitalsicherung begrenzt. Möglich wären aber beispielsweise Wetten auf eine Abwertung des Lew oder das Aufnehmen von Krediten in Lew, um das Geld dann in Euro zu wechseln und später gewinnbringend zurückzutauschen.
Laut der Nordea-Volkswirtin Andrejew ist der Lew angesichts der hohen Inflation und des großen Leistungsbilanzdefizites überbewertet. Wahrscheinlich wäre bei einer Abschaffung des Currency Board also eine Abwertung des Lew in ähnlichem Maße wie in Nachbarländern geschehen.

Zusammenfassend kann man sagen das fixe, an eine andere Währung gebundene Wechselkurse ein gewisses Maß an Stabilität und Vertrauen gewährleisten, aber Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu anderen konkurrierenden Volkswirtschaften darstellen. In unseren Augen ist das Festhalten am fixen Wechselkurs für Bulgarien sinnvoll, da die Volkswirtschaft angesichts der, den Exportgewinn übersteigenden, Auslandsschulden unserer Meinung nach durch den fixen Wechselkurs besser dasteht. Wir stimmen außerdem mit dem Cominvest Banker Stönner überein, dass eine Lösung von den Fundamentalwerten sicherlich als kurzfristige Abschwächung der Auswirkungen der Finanzkrise möglich wäre, aber dies kein Zeichen von nachhaltiger Geldpolitik wäre. Es würde nur auf aktuelle Geschehnisse reagiert und keine aktive Krisenintervention betrieben.
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